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INSOLVENZARBEITSRECHT – Wirtschaftliche Vertretbarkeit eines Sozialplanes bei drohender Insolvenz

Datum: 30. August 2023
Finance Alert

Mit Beschluss vom 14.02.2023 – 1 ABR 28/21 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Spruch einer Einigungsstelle aufgehoben mit der Begründung, dass die Erfüllung des dort aufgestellten Sozialplanes – die Summe der Abfindungen belief sich auf insgesamt 3 Millionen Euro - für das stark angeschlagene Unternehmen wirtschaftlich unvertretbar war.

Interessant ist die Konstellation

In der Unternehmensgruppe war ausdrücklich die Stilllegung eines stark defizitären Unternehmens unter Vermeidung einer Insolvenz beschlossen worden. Das betroffene Unternehmen erzielte seit Jahren negative Ergebnisse, das Eigenkapital wies am Ende einen Fehlbetrag von ca. 16 Millionen Euro auf. Vor diesem Hintergrund hatte sich die Konzernobergesellschaft zur Bezuschussung mit liquiden Mitteln in exakt bezifferter Höhe (hier: 4 Millionen Euro) verpflichtet, um das Unternehmen ohne Insolvenz liquidieren zu können, unter Ausklammerung etwaiger Sozialplanansprüche. Diese Mittel waren zum Zeitpunkt der Entscheidung der Einigungsstelle aber fast aufgebraucht.

Die Vorinstanz hatte nun mit unterschiedlichen Argumenten angenommen, ein Betrag von 3 Millionen Euro müsse dennoch aufgebracht werden – und letztlich die Regelung aus § 123 InsO als „Orientierungshilfe“ bemüht. Es könne keinen „Sozialplan 0“ geben, wenn auch in der Insolvenz ein Sozialplan aufzustellen ist. Die Zulässigkeit eines „Sozialplanes 0“  ist bis heute unter den Obergerichten stark umstritten. 

Das BAG hat diese Frage erneut offengelassen, aber – wie in ständiger Rechtsprechung – betont, dass es ausschließlich auf die finanziellen Verhältnisse der Arbeitgebergesellschaft ankomme. Wenn diese die Mittel nicht habe und diese auch nicht durch Einsparungen oder Verwertungen sicher kurzfristig erzielt werden können, dann sei der Sozialplan eben wirtschaftlich unvertretbar. Die Regelung des §123 InsO könne hingegen weder im Wege einer Analogie noch in sonstiger Weise eine Rolle spielen. Hier sei der Gesetzgeber eindeutig gewesen. Maßstab sei damit allein § 112 Abs.5 BetrVG, der neben der Kompensation der den Arbeitnehmern entstehenden Nachteile die wirtschaftliche Vertretbarkeit für den Arbeitgeber fordere. 

Der Spruch der Einigungsstelle ist damit endgültig unwirksam, die Betriebsparteien werden sich erneut zusammensetzen müssen. 

Fazit

Letztlich nähert sich die Rechtsprechung damit dem Standpunkt an, dass es schlussendlich zulässig ist, wenn ggfs. nur „minimale Beträge“ für einen Sozialplan zur Verfügung stehen und die Abfindung dann darauf begrenzt ist. Der Rückschluss auf § 123 InsO führt unter keine Umständen weiter, denn ein dort aufgestellter Insolvenzsozialplan kann in jedem Fall „0“ sein – wenn nämlich keine verteilungsfähige Masse hierfür zur Verfügung steht. 

Allerdings benötigt man für ein derartiges Ergebnis viel Zeit: Die Verhandlungen hatten im April 2018 begonnen, die Einigungsstelle hatte im Dezember 2019 entschieden und der Gang durch die Instanzen dauerte nun fast vier Jahre. 

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