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Notfallplan Gas - Restrukturierung von Energieversorgungsunternehmen

Datum: 11. Juli 2022

1. Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen

Am 23.06.2022 hat die Bundesregierung die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Hintergrund sind die wegen des Ukrainekriegs durch Russland reduzierten Gasliefermengen über die Pipeline Nord Stream I und die Besorgnis über einen möglichen Lieferstopp im weiteren Verlauf des Konfliktes. 

Bei der Alarmstufe handelt es sich um die mittlere von drei Eskalationsstufen (Art. 11 EU-Verordnung 2017/1938) - Frühwarnstufe, Alarmstufe, Notfallstufe. Die Alarmstufe wird ausgerufen, wenn eine Störung der Gasversorgung mit einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage vorliegt, die allerdings noch vom Binnenmarkt bewältigt werden kann (Art. 11 Abs. 1 b) EU-Verordnung 2017/1938). Dies bedeutet, dass die jeweils zuständigen Akteure des Gasmarktes eigenständig im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben insbesondere des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) Maßnahmen zur Bewältigung der Notlage ergreifen. Nicht marktbasierte, hoheitliche Eingriffe sind erst mit dem Ausrufen der letzten Krisenstufe, der Notfallstufe, vorgesehen. 

2. Auswirkungen auf Unternehmen der Energiewirtschaft

In der Praxis bedeutet dies wegen des begrenzten Angebots auf dem Gasbinnenmarkt insbesondere, dass deutliche Preissteigerungen zu erwarten sind. Gleichzeitig ist eine Reduzierung des Gasverbrauches durch die Endkunden und eine gewisse Verschiebung zugunsten anderer Energieträger zu erwarten. Der Gaspreis hat sich bereits vor dem Ausrufen der Alarmstufe des Notfallplans Gas gegenüber dem langjährigen Mittel erheblich erhöht, während regelmäßig wegen der typischerweise langfristigen Kundenverträge keine angemessenen Ertragschancen gegenüberstehen. Im Rahmen der Termingeschäfte sind derzeit regelmäßig erheblich höhere Sicherheitsleistungen zu erbringen, so dass die Liquidität der am Gashandel beteiligten Akteure massiv belastet sein kann.

Durch die Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas, sind die Energieversorgungsunternehmen auf Grundlage des § 24 des EnWG berechtigt die Preise gegenüber Ihren Kunden „auf ein angemessenes Niveau“ anzupassen und gestiegene Kosten unabhängig von den vertraglichen Regelungen weiterzugeben, sobald durch die Bundesnetzagentur festgestellt wurde, dass sich der Gasimport nach Deutschland insgesamt erheblich reduziert hat. Die im Rahmen der Preisanpassungsregelung erforderliche Feststellung eines erheblich reduzierten Gasverbrauchs ist bislang nicht erfolgt.

Energieversorgungsunternehmen agieren demnach derzeit in einem Marktumfeld, dass von erheblichen Unsicherheiten und Verwerfungen geprägt ist und können hierdurch in Liquiditätsschwierigkeiten geraten.

3. Sanierungschancen 

Rechtzeitig eingeleitet kann eine Unternehmenssanierung erhebliche Chancen bieten. Das erfahrene Management und die Schlüsselmitarbeiter bleiben an Bord und haben das Heft des Handelns in der Hand. Bei einem reaktiven Abwarten hingegen verliert das Unternehmen im Laufe der Vertiefung einer Krise diesen Vorteil und wird zum Getriebenen, insbesondere durch die Finanzierer.

a) StaRUG

Mit dem StaRUG hat der Gesetzgeber - auch unter dem Eindruck der Corona-Krise -  ein flexibles Werkzeug geschaffen, dass es der Geschäftsführung eines Unternehmens in der Krise erlaubt, mit ausgewählten Beteiligten eine Sanierung anzugehen. Im Unterschied zum Insolvenzverfahren handelt es sich um ein nichtöffentliches Verfahren. 

Ziel ist die Verbesserung der Passivseite der Bilanz. Dies erfolgt durch die Restrukturierung der Darlehen, die in der Vergangenheit oft noch unter positiveren Vorzeichen abgeschlossen worden waren. Neben einem (Teil-)Verzicht auf ihre Forderungen können Gläubiger z.B. auch Laufzeit und Zinssatz anpassen. 

Die Geschäftsführung wählt zusammen mit den Beratern aus den verfügbaren Maßnahmen, wie z.B. einem gerichtlichen Vollstreckungsschutz (Moratorium) bis hin zum Überstimmen von Quertreibern im Sanierungsplan, aus, was zum Erreichen der Sanierung erforderlich ist. Gerade wenn von mehreren Finanzierungspartnern eine Minderheit die Restrukturierung ablehnt, ist das StaRUG das richtige Verfahren, um den Erhalt des Unternehmens auch gegen den Minderheitswillen zu erreichen.

b) Schutzschirmverfahren

Eine weitere Sanierungsoption stellt das Schutzschirmverfahren dar. Dabei handelt es sich um eine Variante der Eigenverwaltung. Bei der Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsleitung weiterhin im Amt und leitet das Unternehmen. Dem Geschäftsführer wird lediglich ein CRO/CIO zur Seite gestellt, der sicherstellt, dass die insolvenzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden und der die Kommunikation mit dem Insolvenzgericht und alle verfahrenstechnischen Themen übernimmt. So kann sich der Geschäftsführer auf das operative Geschäft konzentrieren. Das Insolvenzgericht bestellt einen (neutralen) Sachwalter (zumeist einen in Insolvenzsachen erfahrenen Rechtsanwalt). Dieser überwacht das eigenverwaltete Unternehmen und prüft, ob alle insolvenzrechtlichen Vorschriften der InsO eingehalten werden.

Im Unterschied zum StaRUG besteht im Schutzschirmverfahren und der Eigenverwaltung die Möglichkeit, nachteilige Verträge, z.B. langfristige defizitäre Gaslieferverträge mit Kunden, zu beenden. Je nach Konstellation kann daher ein Schutzschirmverfahren die richtige Wahl sein. 

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